RötelЯeich
Ein farbespendender Stein als Hauptdarsteller
im Kunstzentrum Bosener Mühle
3. September - 3. Oktober 2016

034 RR Ausstellung Hist

Zentraler Ausstellungsraum im Kunstzentrum Bosener Mühle


Mit der Thematisierung rund um das Mineral Rötel, hat das Kunstzentrum Bosener Mühle (KBM) ein Thema der saarländischen Industriekultur aufgegriffen, das im kollektiven Bewusstsein nur mehr wenig präsent ist. Die hiesige Industriegeschichte wurde mehr als ein Jahrhundert lang durch Kohle und Stahl dominiert. Die daraus resultierenden politischen, sozialen und kulturelle Entwicklungen, gaben dem Land ein Profil und den Saarländern Selbstbewusstsein. Innerhalb Deutschlands und über seine Grenzen hinweg, wurde mit den Attributen, die diese Geschichte begleiteten, auch so manche Klischee über Land und Leute geprägt.

Grubenstandorte sowie der für die Stahlindustrie wichtige Wasserweg der Saar, haben einerseits das Land geografisch, durch den hohen Bedarf an Arbeitskräften, aber auch in seinen sozialen Strukturen gewichtet. Dem nördlichen Teil des Landes verblieb mehr oder weniger die Agrarwirtschaft und ein nicht unerhebliches Kontingent an Pendlern. Diese erarbeiteten sich ihren Lohn in den Kohle fördernden sowie Stahl produzierenden Unternehmen und deren Zulieferern.

Diese Industriegeschichte hatte ihre Anfänge jedoch nicht im Saartal, sondern im verhangenen Schatten des Hochwaldes. Heute bezeugen Ortsnamen wie Mariahütte oder Züscher Hammer, dass hier nicht immer nur das Idyll verträumter Natur zu finden war.

Ein kleiner, mit Alleinstellungsmerkmalen beseelter Teil der saarländischen Industriegeschichte, geht jedoch weder mit Kohle, noch mit Eisen daher. Er ist dem Amalgam vom Werden und Vergehen organischen Lebens ebenso geschuldet, wie dem feurigen Auswurf hiesiger Vulkane und dem Wasser eines großen Sees, in dessen trüben Tiefen vor 250. Millionen Jahren, die Geschichte des Rötels ihren Anfang nahm.

Für das vorindustrielle Zeitalter, aber auch schon weit weit davor, war Rötel ein nachgefragter Rohstoff, der schwerpunktmäßig im Schiffbau und dort bei der Isolierung des Holzes Anwendung fand. Wir kennen den Rötel heute vor allem noch als Farbmittel. Kreide und Pigment wurden in der Tat schon seit den allerersten Versuchen des Menschen eingesetzt, sich Göttern und Menschen mitzuteilen, diese zu beschwören oder jene fern zu halten. Die Auswahl an haltbaren Farbkörpern war lange auf Holzkohle und wenige Mineralien begrenzt. Letztere fanden sich auch nicht überall, sondern waren regional begrenzt. Dieser Umstand bedeutete jedoch für jene, die Zugang und Abbaumöglichkeiten hatten, mit dem Rohstoff zu handeln und eine Erwerbsquelle für sich zu nutzen. Dies geschah in einer Zeit, in der die Landbevölkerung in ihrem Leben u. U. nie über die eigene Dorfgemarkung hinaus gelangte. Der Handel barg eine Option zum Reisen mit allen dazu gehörigen Chancen die eigenen Lebensumstände ein wenig zu verbessern.

Schon in römischen Zeiten gab es im Schaumberger Land Manufakturen zur Herstellung von Rötelstiften und Pigment. Bezeichnender Weise lagen diese in der Nähe der großer Handelsstraßen. Nach Mainz, Metz und Trier und tief ins römische Imperium, wurde der hier gefundene Rohstoff sowie daraus hergestellte Produkte, verbracht. Später agierende Händler brachten ihre Ware bis zu den Handels- und Umschlagplätzen an Mittelmeer, Nord- und Ostsee.

Mit diesem Potenzial an erzählenswerten Fakten fiel die Entscheidung leicht, innerhalb des Ausstellungsprogramms des KBM, dem Rötel ein Projekt zu widmen. Unser Ziel war es, mit einem Thema der regionalen, vorindustriellen Geschichte, Möglichkeiten und Akzeptanz für zukünftige Themenfelder sowie die Zusammenarbeit verschiedener Partner, auszutesten. In Zeiten medialer Vernetzung haben wir inzwischen Zugriff auf Informationen aus den entlegensten Ecken unseres Planeten. Nachgewachsene Generationen beginnen jetzt verstärkt Themenfeldern, die eigene Herkunft und Heimat betreffend, zu erkunden. Wir haben in das Zentrum unserer Konzeption die Vermittlung an eine Altersgruppe von Dritt- und Viertklässlern gestellt. Um diesen Kern wurde der Ausstellungskomplex so aufgebaut und erweitert, dass er auch für erwachsene Besucher attraktiv blieb.

Hierbei wurde neben dem BildungsNetzwerk St. Wendeler Land, auch auf die intensive Mitarbeit von Künstlerinnen und Künstlern sowie Mitgliedern des KBM e. V. gesetzt. Kreativer Impulsgeber und mit Herzblut in diesem Projekt zugange, war jedoch mein Mitkurator Edgar Brück, ohne dessen Engagement und Wissen, ohne die Vernetzung mit Menschen und Möglichkeiten, den Rötel betreffend, dieses Projekt nicht zustande gekommen wäre. Ihm und ihnen allen sowie den vielen Besuchern ist es zu verdanken, dass am Bostalsee ein Tor ins RötelЯeich geöffnet wurde.

Christoph M Frisch
Leiter des KuLanI Kulturprograms „steinreich“


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Video der Performance von Nadija Morenko mit dem Komponisten und Pianisten Bernd Mathias
anlässlich der Vernissage des Projekts.

 

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Einladungskarte

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Eva Henn
BildungsNetzwerk St. Wendeler Land

Warum Grundschulen ??

 

Das Kunst- und Kulturzentrum Bosener Mühle hatte sich zur Aufgabe gemacht, einen Themenbereich der Partnerprojekte im Kulturprogramm „Steinreich“ der KulturLandschaftsInitiative St. Wendeler Land (KuLanI) ganzheitlich und beispielhaft aufzuarbeiten und in einer 4-wöchigen Ausstellung den Besuchern zu präsentieren. Dies sollte vom 03. September bis 03. Oktober 2016 mit dem Projekt RötelЯeich geschehen.

Hier im Landkreis St. Wendel hatte der Rötel früher eine wirtschaftliche Bedeutung, suchten sich doch zahlreiche Tagelöhner vor allem rund um den Schaumberg Beschäftigung durch Graben und Verkaufen von Rötel. So sollte mit diesem Projekt auch ein Teil der geschichtlichen Entwicklung der Region erklärt und erläutert werden.

Das Projekt sollte, um nachhaltig zu wirken, auch unter Einbindung der Kinder und Jugendlichen umgesetzt werden. In der Ausstellung waren über alle Sinne die vielfältigen und komplexen Zusammenhänge zum Thema Rötel in fünf Themen „Geologie“, „Rötel-Abbau“, „Verwendung“, „Handel“ und „künstlerischer Wert“ behandelt. Diese fünf Themen wurden über handlungsorientiert aufgebaute Stationen für die Kinder veranschaulicht und be-greifbar gemacht.

Eine Veranstaltung mit Aktionstagen für Schulklassen kann nur dann sinnhaft in den Unterricht integriert werden, wenn das Thema der Veranstaltung zu den Inhalten in den Lehrplänen passt. Dies gelingt umso besser, wenn man die bestehenden Themenfelder der Lehrpläne anschaulich umsetzt und durch Handlungseinheiten zum Kompetenzerwerb für die Kinder ergänzt.

 
„Aus der Betrachtung der Gegenwart und der Erinnerung
an vergangenes Geschehen kann die Erwartung an eine
Zukunft formuliert werden.“

 

 Im Kernlehrplan für Sachkunde der 3. und 4. Klassen der Grundschulen heißt es zum Themenkomplex „Raum und Zeit“: „…Aus der Betrachtung der Gegenwart und der Erinnerung an vergangenes Geschehen kann die Erwartung an eine Zukunft formuliert werden. Die Schülerinnen und Schüler entwickeln Verantwortungsbewusstsein für die Erhaltung und Bewahrung des Heimatraumes in Einklang mit Natur, Sozialem und Wirtschaft.“

Als Kompetenzerwartungen werden be- schrieben: Hinsichtlich des Raums: „…wichtige geographische, historische, wirtschaftliche, politische und kulturelle Gegebenheiten der eigenen Gemeinde, der Region und des Saarlandes erkunden und beschreiben…“ Und bezüglich der Zeit: „…Lebensbedingungen vergangener Zeiten kennen und von heutigen Lebensbedingungen unterscheiden“

Im Themenfeld „Zeit“ soll als verbindlicher Inhalt „das Leben früher und heute“ (dabei wird insbesondere „der Wandel der Lebensbedingungen im Laufe der Zeit“ erwähnt) und die „Geschichte des Heimatraumes“ (besonders die „Kulturgeschichte“) thematisiert werden.

Damit war das Rötelprojekt prädestiniert für die dritten und/oder vierten Schulklassen der Grundschulen: Die praktische Darstellung und Umsetzung zur Entstehung des Rötel erläuterte die geologischen Besonderheiten im St. Wendeler Land, durch die Darstellung des Abbaus und des Handelns mit Rötel konnten sowohl dessen wirtschaftliche Bedeutung als auch seine Anwendung und die Auswirkungen auf die Lebenbe- dingungen der Menschen erläutert werden.

Rötel wurde von den Schülern somit vollkommen entsprechend des Lehrplanes aber auch mit viel Spaß und Interesse beim eigenverantwortlichen, handlungsorientierten Umsetzen der Aufgaben an den Stationen der Ausstellung als ein Teil der Kulturgeschichte des St. Wendeler Landes begriffen.

 

 GS Gonnesweiler 01
"Wie macht man Farbe?"
Erste Aktion mit der Grundschule Gondesweiler im Vorfeld des RötelЯeich-Projekts.
Foto: Edgar Brück


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001 Cover

 Die RötelЯeich-Dokumentation: Komplett als PDF.

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Auch in der schreibenden Zunft der Region wurde das Thema Rötel behandelt.
Hier ein Link zur die Bosener Gruppe.

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 Dieses Projekt wurde im Rahmen des Leader-Leitprojekts gefördert durch:
Icons Leader


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